Die Familiennikolausgeschichte

Es geschah in den 70er Jahren. Unser Sohn Basim besuchte schon die Schule und Susekind ging jeden Tag mit mir gemeinsam in den Kindergarten.

Es wurde langsam kühler, der Herbst neigte sich dem Ende und damit näherte sich die zu erhoffende Schneezeit, und natürlich fieberten auch alle Kinder dem Nikolaustag entgegen.
Immer zu Beginn des Winters setzte auch eine Schuhkaufphase ein. Alle Schuhe vom vergangenen Jahr waren zu klein. Na klar!
Also ging´s auf die Jagd nach Schuhen oder vielleicht sogar auch auf passende Stiefelchen.

Wir hatten erstaunliches Glück und bekamen am Vorabend des Nikolaustages für den Basim ein Paar schilffarbene Mokassins aus kombiniertem Wild- und glattem Leder. Für die liebe Suse ein Paar richtige rötlichbraune Ruprechtstiefelchen. Unsere Freude war groß.

Nun konnte der Nikolaus kommen und seine süßen Sachen sogar in neue Schuhchen stecken. Langsam näherte sich der Tag dem Abend und er endete für die Kinder wie immer mit dem Sandmann. Danach war Nachtruhe angesagt.

Die Erwachsenen der Familie Oma, Papa und Mama zogen sich in die Fernsehstube zurück. Die Kinder wisperten noch einige Zeit herum, dann wähnten wir sie schlafend.
Nach einer Weile, ich wollte wohl frischen Tee machen und dann weiter fernsehen, machte ich eine Entdeckung, die mir fast das Herz zum Stillstand brachte. Unsere schlafendgeglaubten Kinder standen im Schlafanzug auf dem Flur.

Das allein wäre keine Situation, um mich in Schrecken zu versetzen. Nein, es kam noch viel besser. Beide Kinder sahen ganz merkwürdig erregt aus.
Ihre Gesichter glühten vor Spannung, ihre Augen sprühten vor Eifer. Ihre Hände, Haare und Nachtanzüge wiesen einige verschmierte schwarze Flecken auf. Ich ahnte - es war schwarze Schuhcreme. Der größte Teil des Tubeninhaltes befand sich nun, wie ich mir denken konnte und dann auch feststellte, auf den so schwer erstandenen Schuhen. - - -
Ein Schrei des Entsetzens, denn Basims Schuhe nahmen es sehr übel. Er hatte nun das ganze schilffarbene Wildleder gründlich zugestrichen und es wollte und wollte nicht blank werden.

Die Mär um den Nikolaus und dessen Gaben verlangte glänzendes, sauber geputztes Schuhwerk.- - Ohjeh - - - Auch Suses rostrote Stiefelchen hatten einen schwarzen Anstrich. Hilfeschrei nach dem Rest der Familie.
Ich zeterte und konnte alles kaum fassen. Die Kinder verteidigten sich damit, daß ihnen eingefallen wäre, die Schuhe noch nicht geputzt zu haben.
Na ja, aber ihr habt doch miterlebt, daß eure Schuhe ganz neu sind und diese Pflege und Fürsorge noch nicht benötigen.
Protest von Suse, aber dann bekommen wir doch nichts vom Nikolaus! - - Betroffenes Schweigen bei den Erwachsenen und Ingo murmelte so vor sich hin ja, ja so ist es mit dem Glauben, schnappte sich die Schuhe vom Basim und meinte, die bekomme ich wieder hin. Trotzdem blieben es nun alte Schuhe.
Auf Suses Stiefelchen saß die Schuhcreme nur obenauf und ließ sich leicht entfernen. Es blieb ein zarter schwarzer Hauch. Viel schwieriger war es, ihr Gesicht, ihre Hände und ihre Haare wieder klarzubekommen.
Ihre Tränen, die nun liefen nach der Erkenntnis, nun wohl doch nicht alles richtig gemacht zu haben, reichten nicht aus, die schwarzen Spuren zu entfernen. Sie mußte in die Wanne, ebenso ihr Schlafanzug.

Bei all den Aufregungen und nächtlichen Waschaktionen wäre es fast dem Nikolaus unmöglich gemacht worden, seinen Pflichten nachzukommen.
Immer wieder versicherte sich Suse - aber er wird doch wohl noch kommen können! ?
Nach einem tiefen Seufzer meinte ich ganz fest, der Nikolaus wird einen kurzen Umweg machen und später kommen, denn er läßt sich nicht gerne bei der Arbeit zusehen.

Dieses ganze Manöver hatte die Spannung bis zum Zerreißen gebracht und es war nicht leicht für die Kinder, einzuschlafen. Am Morgen war dann alles wie ein böser Traum vergessen und die Kinder stellten fest, er war doch da !

Viel später erst ist uns klargeworden, daß wir in dieser Nacht eine der wunderbarsten und niemals zu vergessenden Begebenheiten mit unseren Kindern erlebt haben.

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